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03.07.2025

Abgabenordnung: Erlass von Säumniszuschlägen bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

Säumniszuschläge sind nicht nur ein Druckmittel, das den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll, sondern dienen auch als Zinsersatz sowie der Abgeltung von Verwaltungsaufwand. Verlieren Säumniszuschläge ihren Sinn als Druckmittel, kommt daher regelmäßig nur ein hälftiger Erlass in Betracht, wie das Finanzgericht (FG) Hamburg entschieden hat.

Dass beim Wegfall der Druckfunktion regelhaft die Hälfte der Säumniszuschläge erlassen wird, beruhe auf einer zulässigen Typisierung. Für das FG Hamburg kommt es nicht darauf an, welchen Verwaltungsaufwand die Säumnis im konkreten Einzelfall verursacht hat.

Die Beteiligten streiten über die Höhe eines Erlasses von Säumniszuschlägen bei einem zahlungsunfähigen und überschuldeten Schuldner. Der Kläger beantragte als Insolvenzverwalter den Erlass sämtlicher Säumniszuschläge, die der Beklagte angemeldet hatte. Der Beklagte erließ (nur) 50 Prozent der Säumniszuschläge. Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG als unbegründet ab: Der lediglich hälftige Erlass der Säumniszuschläge sei nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung über den Erlass sei eine Ermessensentscheidung und unterliege gemäß § 102 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen sei bei einer Erlassablehnung nur, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht habe. Im Einzelfall könne der Ermessensspielraum so eingeengt sein, dass nur eine Entscheidung ermessensgerecht sei (so genannte Ermessensreduktion auf null). Sei nur der Erlass eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ermessensgerecht, könne das Gericht gemäß § 101 Satz 1 FGO die Verpflichtung zum Erlass aussprechen.

Säumniszuschläge seien nicht nur ein Druckmittel, das den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung anhalten solle, sondern auch ein Instrument, um eine Gegenleistung für das Hinaus schieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten ("Zinsersatz") sowie um Verwaltungsaufwendungen abzugelten, die durch die nicht fristgemäße Zahlung entstünden. Verlören Säumniszuschläge ihren Sinn als Druckmittel, weil der Steuerpflichtige zahlungsunfähig und überschuldet sei und deshalb nicht zahlen könne, komme daher regelmäßig nur ihr hälftiger Erlass in Betracht. Das sei ständige Rechtsprechung.

Weder aus der Gesetzeshistorie noch aus aktuellen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesfinanzhofs (BFH) ergäben sich Gründe, von dieser langjährigen und gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Dass bei Wegfall der Druckfunktion regelhaft die Hälfte der Säumniszuschläge erlassen würden, beruhe auf einer zulässigen typisierenden Betrachtung, ohne dass es darauf ankomme, welchen Verwaltungsaufwand die Säumnis in dem konkreten Einzelfall verursacht habe.

Zwar sei auch bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ein weitergehender Erlass der Säumniszuschläge grundsätzlich möglich. Hierfür bedarf es laut FG aber zusätzlicher besonderer Gründe persönlicher oder sachlicher Billigkeit, die das Gericht in dem entschiedenen Fall nicht zu erkennen vermocht habe.

Gegen das Urteil wurde Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt. Diese ist beim BFH unter dem Aktenzeichen XI B 30/25 anhängig.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 31.03.2025, 3 K 161/23, nicht rechtskräftig